Der Einfluss von Erinnerungen auf die eigene Identität.
Wie das, was wir erinnern, das bestimmt, was wir sind.
Wie das, was wir erinnern, das bestimmt, was wir sind.
8. Semester – Sommer 2025
Ich schaue auf unsere Welt und sehe zunehmend Hass, Neid und Gewalt. Ich bin 23 und frage mich, wohin unsere Menschlichkeit verschwunden ist. Warum blicken wir in die Augen eines anderen Menschen und denken, wir seien etwas Besseres? Einzigartiger? Reicher? Es macht mir Angst.
Ist denn nicht jeder Einzelne einfach nur ein Mensch – aus dem gleichen Material gebaut wie alle anderen? Wenn wir das doch wissen – warum entfremden wir uns dann immer weiter voneinander? Ich habe mich in den letzten Wochen damit beschäftigt, herauszufinden, was es überhaupt bedeutet, ein Mensch zu sein.
Wir alle haben eines gemeinsam: Wir bestehen aus Erfahrungen, aus Momenten – kurz gesagt: aus Erinnerungen. Diese lassen uns Schmerz, Hoffnung, Verlust und Liebe empfinden und prägen das, was – und wer – wir sind. Und ja, auch die Person, die man eigentlich nicht mag, empfindet Gefühle – auf ihre ganz eigene, persönliche Weise. Warum halten wir nicht einfach an dieser Gemeinsamkeit fest, anstatt uns durch Hass auseinanderreißen zu lassen?
Ich hoffe, mit dieser Arbeit einen Anstoß geben zu können, unsere Mitmenschen auch einmal anders zu betrachten – nicht nur auf die Weise, die uns am bequemsten erscheint.
„Erinnerungen sind aus wundersamem Stoff gemacht – trügerisch und dennoch zwingend, mächtig und schattenhaft. Es ist kein Verlass auf die Erinnerung, und dennoch gibt es keine Wirklichkeit außer der, die wir im Gedächtnis tragen."
– Klaus Mann, der Wendepunkt
Erinnerungen werden auch weitergegeben. Das Kollektiv der Familiengeneration ist ein wichtiger Bestandteil der eigenen Identität.
Abstract
Erinnerungen sind mehr als bloße Gedanken an Vergangenes – sie sind das Fundament dessen, wer wir sind. Jeder von uns trägt seine ganze eigene Geschichte in sich, Momente, die uns geprägt haben, die uns verändern oder an uns selbst erinnern, wenn wir uns verloren fühlen. Sie beeinflussen, wie wir uns selbst erzählen, was wir für wahr halten, was wir fürchten, hoffen und lieben.
In gewisser Weise sind wir die Geschichten, die wir uns über uns selbst erinnern. Schon eine einzige Erinnerung kann unsere Sicht auf die Dinge so stark beeinflussen, dass unser Verhalten an jedem einzelnen Tag bis zu unserem Tod beeinflusst wird, sei es eine Kindheitserfahrung, ein Gespräch, ein Geruch oder ein simples Bild.
In solchen Momenten wird deutlich, wie eng Erinnerung und Identität zusammenhängen. Welche Erfahrungen und Erinnerungen haben eine Person zu dem Menschen gemacht, der er heute ist?
In dieser Forschungsarbeit wird das Fundament dieser Frage betrachtet und sich den Themen gestellt, wie Erinnerungen unsere Identität beeinflussen, ob Vergessen sogar notwendig ist und wie die Kraft der manipulierten Erinnerungen (MMTs) in Zukunft die Art wie wir leben beeinflussen könnten.
Es fragt sich also, wie viel Vergangenheit lebt in unserer heutigen Gegenwart?
Ich habe mich und andere gefragt, wie sie Erinnerungen erinnern und diese vielfältige Collage (und mehr) ist dabei herausgekommen. Das zeigt, wie unterschiedlich wir uns erinnern aber auch erinnert werden.


Was alles beinhaltet meine Forschung?
Meine Arbeit untersucht den Einfluss von Erinnerungen auf die Identität des Menschen aus interdisziplinärer und philosophischer Perspektive. Erinnerungen sind nicht nur individuelle Belege vergangener Erfahrungen, sondern wesentliche Bestandteile unseres Selbstverständnisses und unserer persönlichen wie kollektiven Identität.
Ausgehend von neurobiologischen Grundlagen des Gedächtnisses, wird die Struktur und Bedeutung verschiedener Gedächtnissysteme betrachtet. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem episodischen bzw. dem autobiografischen Gedächtnis sowie auf den Prozessen des Erinnerns und Vergessens. Letzteres wird nicht als Defizit, sondern als notwendiger Bestandteil menschlicher Identitätsbildung verstanden.
Weiterführend beschreibt die Arbeit die Rolle von Emotionen im Erinnerungsprozess, die Bedeutung von Erinnerungsorten (nach Pierre Nora und Aleida Assmann) sowie die soziale Dimension des kommunikativen Gedächtnisses. Im Zuge der technologischen Entwicklung rücken zudem Fragen nach der Veränderung und möglichen Manipulation von Erinnerungen in den Vordergrund. Dabei werden Memory Modification Technologies (MMTs) und digitale Gedächtnispraktiken hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das individuelle und kollektive Erinnern reflektiert. Es wird gezeigt, dass Erinnerungen nicht nur die Vergangenheit bewahren, sondern aktiv Gegenwart und Zukunft mitgestalten und damit eine unverzichtbare Grundlage menschlicher Existenz und Identität darstellen.